Freiberufler oder Gewerbetreibender? Was Influencer & Content Creator steuerlich wissen müssen

René
1/8/2025
6
Minuten
Hintergrundbild: Schreibtisch-Oberfläche mit Kaffeetasse, Notizblock und Armbanduhr
Blog
Influencer / Content Creator

Einleitung

Wenn du als Influencer, Content Creator oder Solo-Selbstständiger dein Business aufbaust, begegnet dir früher oder später eine entscheidende Frage: Muss ich ein Gewerbe anmelden oder kann ich meine Tätigkeit als Freiberufler ausüben? Diese Unterscheidung wirkt auf den ersten Blick wie eine Formalität, ist jedoch von erheblicher steuerlicher Relevanz. Sie beeinflusst nicht nur die Höhe der Steuerlast, sondern auch Buchführungspflichten, Meldeerfordernisse und deine unternehmerische Flexibilität. Dieser Beitrag erläutert die maßgeblichen Unterschiede und zeigt, worauf du in der Praxis achten solltest.

1. Was ist ein Freiberufler?

Die rechtliche Grundlage für die Freiberuflichkeit liefert § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Danach zählen zu den freien Berufen Tätigkeiten, die einem der folgenden fünf Bereiche zuzuordnen sind: wissenschaftlich, künstlerisch, schriftstellerisch, unterrichtend oder erzieherisch. Zusätzlich gibt es die sogenannten Katalogberufe.

Typische Beispiele sind:

  • Ärztinnen und Ärzte
  • Steuerberaterinnen und Steuerberater
  • Journalistinnen und Journalisten
  • Künstlerinnen und Künstler
  • Architektinnen und Architekten
  • Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler

Damit eine Tätigkeit steuerlich als freiberuflich anerkannt wird, müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Persönliche Qualifikation: Du verfügst über eine einschlägige fachliche Ausbildung, zum Beispiel ein Hochschulstudium oder eine vergleichbare Qualifikation.
  2. Tätigkeitsbezogener Zusammenhang: Die konkrete Tätigkeit, die du ausübst, muss inhaltlich zu deiner Qualifikation passen.

Nur wenn beide Voraussetzungen erfüllt sind, erkennt das Finanzamt die Tätigkeit als freiberuflich an.

Zur Verdeutlichung ein Beispiel aus dem Influencer-Bereich: Eine ausgebildete Journalistin, die einen YouTube-Kanal mit journalistischen Inhalten betreibt und auf Werbung verzichtet, kann grundsätzlich als Freiberuflerin tätig sein. Sobald jedoch Werbeeinnahmen, Kooperationen oder Produktplatzierungen hinzukommen, überwiegt der wirtschaftliche Aspekt. In solchen Fällen liegt in der Regel eine gewerbliche Tätigkeit vor.

Freiberufler profitieren von einigen Vorteilen: Es fällt keine Gewerbesteuer an, eine Gewerbeanmeldung ist nicht erforderlich und es genügt die einfache Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR) für die Buchführung.

Die Entscheidung über die steuerliche Einordnung trifft zwar das Finanzamt, jedoch auf Grundlage gesetzlicher Regelungen, Verwaltungsauffassungen und der geltenden Rechtsprechung. Gerade bei digitalen Geschäftsmodellen, insbesondere im Influencer-Bereich, bestehen noch viele Unklarheiten, da es bislang nur wenige gerichtliche Entscheidungen gibt. Wenn du eine andere rechtliche Einschätzung vertrittst als das Finanzamt, kannst du gegen die Entscheidung Einspruch einlegen. Letztlich klären höhere Instanzen wie Finanzgerichte oder der Bundesfinanzhof strittige Fälle.

2. Wann liegt eine gewerbliche Tätigkeit vor?

Eine gewerbliche Tätigkeit liegt vor, wenn du selbstständig, dauerhaft und mit Gewinnerzielungsabsicht arbeitest und deine Tätigkeit nicht unter die freien Berufe fällt. Das trifft bei vielen Online-Business-Modellen zu, insbesondere bei Influencerinnen und Influencern, die Einnahmen durch Werbung, Produktplatzierungen oder Affiliate-Links erzielen.

Typische gewerbliche Tätigkeiten:

  • Online-Shops
  • Agenturleistungen
  • Coaches ohne akademische Ausbildung
  • Influencer mit kommerziellen Einnahmequellen

Als Gewerbetreibender musst du dein Gewerbe beim Gewerbeamt anmelden (§ 14 GewO) und wirst automatisch Mitglied in der Industrie- und Handelskammer. Ab einem Gewinn von 24.500 Euro im Jahr fällt Gewerbesteuer an. Je nach Höhe von Umsatz oder Gewinn kann zudem eine Verpflichtung zur doppelten Buchführung entstehen.

Die steuerliche Einordnung erfolgt ausschließlich durch das Finanzamt. Die Einschätzung des Gewerbeamts spielt dabei keine Rolle, da unterschiedliche rechtliche Maßstäbe gelten.

3. Wie werden Influencer steuerlich eingeordnet?

Influencer bewegen sich oft im Spannungsfeld zwischen kreativer Tätigkeit und wirtschaftlicher Zielsetzung. Theoretisch kann eine freiberufliche Einstufung möglich sein, etwa bei wissenschaftlichen, journalistischen oder künstlerischen Inhalten ohne kommerzielle Absicht.

In der Praxis ist jedoch fast immer eine gewerbliche Tätigkeit gegeben. Sobald du Kooperationen eingehst, Werbeeinnahmen erzielst oder eigene Produkte vermarktest, unterstellt das Finanzamt regelmäßig eine Gewinnerzielungsabsicht und ordnet deine Tätigkeit entsprechend als gewerblich ein.

Selbst wenn kreative Elemente vorhanden sind, überwiegt steuerlich der wirtschaftliche Charakter. Diese Auffassung wird auch durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs bestätigt.

4. Wann und wie muss das Gewerbe angemeldet werden?

Sobald du gewerblich tätig bist, musst du dein Gewerbe anmelden, idealerweise vor der ersten Einnahme. Grundlage hierfür ist § 14 der Gewerbeordnung.

Die Anmeldung kann online über das kommunale Gewerbeportal oder persönlich beim Gewerbeamt erfolgen. In vielen Städten ist mittlerweile auch eine digitale Anmeldung möglich.

Wichtig ist: Die Kriterien des Gewerbeamts sind nicht identisch mit denen des Steuerrechts. Das Finanzamt kann deine Tätigkeit daher steuerlich anders einstufen, selbst wenn du bereits ein Gewerbe angemeldet hast.

Nur in klar definierten Ausnahmefällen, etwa bei eindeutig wissenschaftlicher oder künstlerischer Tätigkeit, kann auf die Anmeldung verzichtet werden. Auch in solchen Fällen solltest du jedoch vorher Rücksprache mit dem Finanzamt halten.

5. Steuerliche Pflichten im Überblick: Freiberuflich vs. Gewerblich

Tabelle: Vergleich von freiberuflicher und gewerblicher Tätigkeit

6. Einordnung im Einzelfall: Worauf du achten solltest

Ob du freiberuflich oder gewerblich tätig bist, hängt nicht nur von deiner Absicht ab, sondern vor allem von den gesetzlichen Definitionen. Insbesondere Influencer:innen sollten sich hier nicht auf Bauchgefühl oder Online-Mythen verlassen, sondern eine fundierte Einschätzung vornehmen lassen.

Grundsätzlich gilt: Sobald Einnahmen durch wirtschaftliche Kooperationen oder Werbung erzielt werden, liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit eine gewerbliche Tätigkeit vor.

7. Fazit: Frühzeitig Klarheit schaffen, professionell aufstellen

Die steuerliche Einordnung hat weitreichende Auswirkungen auf deine Selbstständigkeit:

  • Sie beeinflusst deine Steuerlast
  • Bestimmt über Art und Umfang deiner Buchführung
  • Legt fest, ob du ein Gewerbe anmelden musst
  • Beeinflusst deine unternehmerische Gestaltungsfreiheit

Unser Rat:

  • Kläre die Einordnung deiner Tätigkeit möglichst frühzeitig
  • Ziehe im Zweifel eine steuerliche Beratung hinzu
  • Nutze digitale Tools zur Belegverwaltung und Dokumentation

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